Neue Spuren auf ausgetretenen Pfaden. Das Potenzial von Naturraumanalysen am Mont Lassois.

Ivo Dobler, Amanda Gabriel, Nathalie Sax, Lukas Schärer

Abstract


1. Einleitung
2. Der Fürst und die Fürstin sind tot...


3. Der Mont Lassois

3.1 Geographische Lage
3.2 Forschungsstand
 

4. Naturraumanalyse
 
5. Naturraum und Nutzungsszenarien
5.1 Lebensgrundlage Böden
5.2 Wirtschaftsfaktor Eisen
 
6. Naturraum und Siedlungsraum
6.1 Aktuelle Situation und Forschungsstrategie
6.2 Fragestellungen und erste Ergebnisse
 
7. Ausblick
 
Bibliographie

 

Abstract

Der auf einem markanten Zeugenberg nahe der Seine gelegene Mont Lassois zeichnet sich durch seine komplexen Siedlungsstrukturen, Wallanlagen, sowie das spektakuläre Fürstinnengrab als wichtigen späthallstattzeitlichen Siedlungsplatz aus. Die bisherigen Forschungen befassten sich mit den Siedlungsstrukturen auf dem Plateau und den umliegenden Gräbern. Die Erforschung des Umlandes erfolgte erst in jüngster Zeit, landschaftsarchäologische Untersuchungen fehlen aber nach wie vor. Die Analyse des Naturraums, in welchem der Mont Lassois liegt, birgt grosses Potential. Naturräume werden aufgrund von Topographie und Geologie definiert; sie bilden den Referenzrahmen für weitere Untersuchungen. Als Beispiel für solche Untersuchungen wurde die Einbettung von Böden, Rohstoffen (Eisen) und Siedlungen in den Naturraum gewählt. Erste kartographische Auswertungen zeigen, dass Siedlungs- bzw. Gräbercluster rund um den Mont Lassois immer verkehrsgünstig und teilweise in der Nähe von Eisenerzlagerstätten liegen.

 

1. Einleitung

Dieser Artikel entstand im Rahmen des Forschungsseminars „Landschaftsarchäologie“, das im Frühlingssemester 2011 an der Abt. für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Zürich durchgeführt wurde. Ziel des Seminars war die Ausarbeitung eines Konzepts zur landschaftsarchäologischen Erforschung des Mont Lassois. Solche Untersuchungen wurden am Mont Lassois bisher vernachlässigt, haben aber grosses Potenzial. Landschaftsarchäologie wird hier als die Analyse räumlicher Strukturen und Bezüge verstanden, als Grundlage zur Erforschung vergangener Gesellschaften. Untersuchungsebene ist dabei die von Mensch und Natur gleichermassen geprägte und gestaltete Landschaft (Prehist.uzh.ch 2011).

Die geografische Lage des Mont Lassois wird hervorgehoben und die bisherige Forschung mit Ihrem Schwerpunkt auf das Siedlungsplateau und den umliegenden Gräbern resümiert (Chaume 2001). Es wird das Potential für die Erstellung von Naturräumen in der Region um den Mont Lassois aufgezeigt, Umfeldanalysen zu den Rohstoffen Eisen und Böden skizziert sowie das Verhältnis von Siedlungsstrukturen, Nutzungsstrategien und  Naturraum beleuchtet.

 

2. Der Fürst und die Fürstin sind tot...

Die späthallstattzeitliche Besiedlung mit ihren Wallanlagen und komplexen Siedlungsstrukturen sowie der spektakuläre Fund des so genannten Fürstinnengrabes zeichnen den Mont Lassois als wichtigen prähistorischen Siedlungsplatz aus. Solche bedeutenden Siedlungszentren in der Späthallstattzeit werden als „Fürstensitze“ bezeichnet und kommen im gesamten Raum des Westhallstattkreises vor. Doch was macht ein Fürstensitz aus? W. Kimmig definierte 1969 den Fürstensitz anhand der Heuneburg. Dieser sollte die folgenden drei Kriterien aufweisen: eine gewisse räumliche Nähe zu Fürstengräbern, mediterraner Import, und ein topographisch herausgehobener, eigens befestigter Kernbereich (Akropolis), der von einer, nicht notwendigerweise ebenfalls umwehrten, Aussensiedlung (suburbium) umgeben ist. Das Fürstensitzmodell von Kimmig wird heute infrage gestellt, da ausser der Heuneburg kein „Fürstensitz“ alle kimmigschen Merkmale aufweist (Schier 2010, 376).

Das von Gringmuth-Dallmer entlehnte Modell einer hierarchischen Gliederung (Gringmuth-Dallmer 1999) der Siedlungsstruktur nach zentralörtlicher Funktionen wurde zu einem alternativen Fürstensitzmodell. Dieses ist im wesentlichen eine Weiterentwicklung des Christallerschen-Modelles zur Entwicklung von Städten. Siedlungen, die möglichst viele zentralörtlichen Funktionen aufweisen, werden als „Zentrale Orte“ oder „komplexe Zentren“ bezeichnet. Zumindest in der deutschsprachigen Forschung scheint sich der Zentralort neben dem Fürstensitz etabliert zu haben. Doch auch das Zentralort-Modell stellt sich als nicht unproblematisch heraus. Einerseits weist kein Fürstensitz, vielleicht mit Ausnahme der Heuneburg, alle Funktionen eines komplexen Zentrums auf - die restlichen Fürstensitze wären also nicht auf gleicher hierarchischer Ebene wie die Heuneburg, was am heterogenen Forschungsstand liegt. Andererseits sind die zentralörtlichen Funktionen nur interpretativ aus den Befunden ablesbar und nicht auf einen einzelnen Befund beschränkt. So kann die Funktion „Macht/Herrschaft“ an bedeutenden Gräber, wie auch an einer Befestigungsanlage abgelesen werden. Diese Befestigungsanlage weist aber auch eine Schutzfunktion auf. (Posluschny 2010, 359-362).

Die Fürstensitzmodelle gehen von vordefinierten hierarchischen Gliederungen zentraler Orte aus, die keinem Vergleich standhalten können. Ein Vergleich von Siedlungen sollte nach unserer Ansicht vor der hierarchischen Ordnung stehen. Die Hierarchie soll sich also aus dem Vergleich ergeben. Nicht-interpretative, quantitative Daten stehen dabei im Vordergrund. Die Bestimmung der Vergleichsfaktoren fällt im Rahmen des Seminars auf landschaftsarchäologische Aspekte der Siedlung. Die Siedlung erhält ihren Status durch die spezielle Bedeutung, die sie in ihrem Umland aufweist. Die Bestimmung dieses Umlandes erfolgt aufgrund der Lage der Siedlung im Naturraum. Der Naturraum dient als Referenzrahmen für weitere Forschungen.

 

3. Der Mont Lassois

3.1 Geographische Lage (Zusammenfassend nach: Cartes-topographiques.fr 2011, Gouv.fr 2011, Region-bourgogne.fr 2011)

Der Mont Lassois liegt als markanter Zeugenberg in der Seine-Ebene im Zentrum des Burgunds, einer Region, die zusammenfassend als „plateaux bourguignons“ bezeichnet wird. Im Osten dieses Gebietes liegt das Plateau de Langres-Châtillonais, eine Kalksteinformation, die sich im Norden weit ins Département Haute Marne (Region Champagne-Ardenne) erstreckt, und im Süden im Département Côte d'Or (Region Bourgogne) abrupt abfällt. Die durchschnittliche Höhe von 300-400 m.ü.M. wird nur im Südosten überschritten, wo das Plateau bis maximal 525 m.ü.M. ansteigt. Hier liegt auch, etwa 470 m.ü.M. und 30 km nördlich von Dijon, der Ursprung der Seine, die sich ihren Weg nordwärts durch das Plateau de Langres-Châtillonais bahnt. Im Südosten, wo das Plateau jäh abfällt, erstreckt sich das Saône-Tal. Südöstlich des Plateaus beginnt das Granitmassiv des Morvan, das unter anderem durch den Mont Beuvray und seine latènezeitliche Siedlung Bibracte bekannt ist.

Abb. 1: Befunde auf und um den Mont Lassois (Mötsch 2008)

Der Mont Lassois befindet sich im Herzen des Plateau de Langres-Châtillonais. Beim Dörfchen Vix, etwa 6 km nördlich der Ortschaft Châtillon-sur-Seine, erhebt sich der von weitem sichtbare Zeugenberg ca. 100 m über die flache Seine-Ebene. Der Mont Lassois besteht aus zwei Hügeln, dem Mont Rousillon und dem nordöstlich davon liegenden, etwa zwanzig Meter höheren Mont Saint-Marcel. Auf dem ca. neun Hektaren grossen Plateau des Mont Saint-Marcel lag die späthallstattzeitliche Siedlung.

 

Abb. 2: Topographische Karte des Plateau de Langres-Châtillonais (Cartes-topographiques.fr 2011)

3.2 Forschungsstand (Zusammenfassend gemäss: Artehis-cnrs.fr 2011, Böttinger/Müller/Schenk 2006, Chaume 2001, Mötsch et al. 2008, Mötsch/Grübel 2010)

Die Forschungsgeschichte am Mont Lassois beginnt mit der Entdeckung der hallstattzeitlichen Siedlung auf dem Plateau St-Marcel. Von 1930 bis 1941 führte Jean Lagorgette eine Reihe von Grabungen durch, zu denen jedoch nur lückenhafte Berichte vorliegen. Sein Nachfolger René Joffroy war während mehreren Dekaden prägende Figur bei der Erforschung am Mont Lassois. Er führte zwischen 1947-57 jährliche Untersuchungen durch, die 1952 vorerst ihren Höhepunkt erreichten, als das berühmte Fürstinnengrab von Vix entdeckt wurde. In den darauf folgenden Jahren fanden nur noch wenige Eingriffe statt.

Erst in den 1990er Jahren wurden die Forschungsaktivitäten wieder aufgenommen. Ziel der Untersuchungen sollte ein besseres Verständnis des Umlandes sein. Mithilfe der Luftbildarchäologie sowie geophysikalischer Untersuchungen konnten eine ausgedehnte Nekropole südöstlich des Mont Lassois sowie einige Tumuli im Umfeld des Berges entdeckt und dokumentiert werden. 1997 erfolgten erste Veröffentlichungen im Rahmen des Kolloquiums „Vix et les éphémères principautés celtiques“ (Chaume 2001). Die gesamten neueren Erkenntnisse und eine Aufarbeitung der bisherigen Forschung legte Bruno Chaume in seiner im Jahre 2001 erschienenen Dissertation „Vix et son territoire à l'Age du Fer“ vor.

Basierend auf dieser Vorarbeit wurde ab 2001/02 das PCR Vix (Projet collectif de recherche Vix) ins Leben gerufen, ein internationales und interdisziplinäres Forschungsprojekt, das als Teil des Forschungsnetzwerks der UMR 5594 ARTHeHIS dem CNRS, der Universität Burgund-Dijon sowie dem Ministère de la Culture untersteht. Am PCR Vix sind eine Reihe von Instituten, Diensten sowie die Universitäten Dijon, Wien, Kiel und seit 2009 auch Zürich beteiligt. In erster Linie soll der Frage nach dem Umland des Mont Lassois nachgegangen werden, aber auch Abklärungen zu den Siedlungsstrukturen durchgeführt werden. Zwischen 2002 und 2005 wurde von der Technischen Universität Stuttgart und der Landesdenkmalpflege Baden-Württemberg eine topographische Analyse des Berges und des umliegenden Seine-Tal durchgeführt. Des Weiteren wurden das Plateau des Mont St-Marcel, Gebiete im Bereich der Seine, sowie Teile der Nekropole geophysikalisch untersucht, was insbesondere auf dem Plateau zu beeindruckenden Resultaten führte. Umschlossen von der inneren Wallanalge zeichnete sich ein regelmässiges Siedlungsmuster, bestehend aus einem Einfriedungssystem, das auf eine Nord-Süd verlaufenden strukturfreie Zone ausgerichtet ist, ab. Ausserdem kamen Zisternen, möglicherweise Speicherbauten sowie ein monumentales Apsidengebäude zum Vorschein. Letzteres, das schon nach kurzer Zeit als „palais de la princesse de Vix“ interpretiert wurde, ist bis 2007 vollständig ausgegraben worden. Untersuchungen der Universitäten Wien und Zürich sind um ein besseres Verständnis der Strukturen und Datierungen der Befestigungsanlagen am Mont Lassois bemüht.

  

Abb. 3: Geophysikalisch Untersuchungen auf dem Plateau Mont St-Marcel mit Befundhinweisen (Mötsch 2008)

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4. Naturraumanalyse

Die Bedeutung der Fürstensitze lässt sich nicht nur an diesen selbst, sondern auch in einem grossen Masse im Vergleich zu ihrem Umland ablesen. Dieses Umland zu bestimmen ist nicht einfach, aber notwendig, um landschaftsarchäologische Untersuchungen von Fürstensitzen räumlich einzugrenzen.

Vergleicht man bisherige Untersuchungen zum Umland von Fürstensitzen, fallen die Unterschiede in der Wahl der Dimensionen dieser Untersuchungsrahmen auf. Bei überregionalen Vergleichen wie bei Brun und Chaume (Brun/Chaume 1997, 341) werden Quadrate mit einer Seitenlänge von 100 km als Umland eines Fürstensitzes bestimmt. Diese Wahl von genau 100 km wird nicht erklärt, dürfte aber dem mittleren Abstand zwischen den betrachteten Fürstensitzen entsprechen.

Die Begrenzung des Umlandes durch ein übergeordnetes Raster mit gleich grossen Quadraten vernachlässigt die regionalen, landschaftlichen Eigenheiten. Daher wäre es gewinnbringend, das Umland anhand von Naturräumen einzugrenzen. Ein Naturraum ist ein auf die landschaftlichen Merkmale bezogenes Gebiet. Naturräume bauen auf denselben Datengrundlagen wie landschaftsarchäologische Untersuchungen des Umlandes auf, was die Definierung des Umlandes anhand des Naturraumes sinnvoll macht. Der zu untersuchende Fürstensitz kann in einem solchen Naturraum oder an der Schnittstelle von mehreren solchen Gebieten liegen (Posluschny 2010, 368).

Der Naturraum kann also einen Rahmen für die Auswahl des zu untersuchenden Umlandes bilden. Er liefert aber auch Analysefaktoren, die ihn mit anderen Naturräumen vergleichbar macht.

Für Deutschland liegt bereits eine umfassende naturräumliche Gliederung vor (LUBW 2010), die auch für die  Untersuchungen um die Fürstensitze angewendet wurde (Posluschny 2010, 368). Deutschland wird in vier Naturräume 1. Ordnung und sechs Naturräume 2. Ordnung eingeteilt, die zusammen die Hauptgebiete bilden (LUBW 2010):

Norddeutsches Tiefland

Norddeutsches Tiefland, Küsten und Meere

Meeresgebiete

Deutsche Mittelgebirgslandschaft

Zentraleuropäisches Mittelgebirgsland

Südwestliches Mittelgebirge/Stufenland

Alpenvorland (1. und 2. Ordnung)

Alpen (1. und 2. Ordnung)

Die Hauptgebiete werden nach Meyen und Schmithüsen  (Meyen, Schmithüsen et al. 1953-1962) in Naturräume 3. Ordnung (Grosslandschaften) unterteilt. Im Falle von Baden-Würtemberg ergeben sich hier Räume wie Schwarzwald, Schwäbische Alb oder Voralpines Hügel- und Moorland. Diese Grosslandschaften werden wiederum in Naturräume 4. Ordnung untergliedert. Im Falle des Grossraumes Voralpines Hügel- und Moorland ergeben sich für die 4. Ordnung Räume wie Hegau, Bodenseebecken, Oberschwäbisches Hügelland und Adelegg (LUBW 2010). Frankreich liegt keine vergleichbare Gliederung vor.

Diese Gliederung des Naturraumes wurde vor allem für den Naturschutz entwickelt (LUBW 2010).  Archäologische Fragestellungen verlangen eine Überprüfung und Anpassung dieser Gliederung. Wir schlagen deshalb eine naturräumliche Gliederung vor, die sich aus topographischen und geologischen Merkmalen herleitet, welche für die in diesem Artikel vorgestellten, landschaftsarchäologischen Fragestellungen besonders interessant sind.

Der ungeordnete Naturraum umfasst alle geographischen Faktoren. Die Gliederung des Naturraumes erfolgt anhand einer Auswahl dieser Faktoren. Die Anzahl und die Gewichtung der einzelnen Faktoren bestimmt die Grösse des Naturraums. Die topografischen Faktoren lassen sich aus einem digitalen Geländemodell ableiten. Solche Modelle sind als SRTM oder ASTER GDEM frei verfügbar (DEM 2011). Die geologischen Faktoren können geologischen Karten entnommen werden. Die Daten dazu sind zwar vorhanden, müssen aber noch aufbereitet werden.

Abb. 4: Naturraummodell

Im Rahmen des Seminars war es uns nicht möglich, diese vorhandenen Daten in einem GIS-Programm zu verarbeiten und auszuwerten. Liegt eine naturräumliche Gliederung für die Region um den Mont Lassois erst einmal vor, können verschiedene Analysen zum Potential dieses Naturraumes durchgeführt werden. Diese auf landschaftsarchäologischen Fragestellungen beruhenden Analysen liefern einen Grad an Vergleichbarkeit, der jenseits der bisherigen Fürstensitzdefinitionen mit ihren Problematiken liegt. Solche Analysen vervollständigen zudem das Gesamtbild vom Umgang der Menschen mit der Landschaft in urgeschichtlichen Epochen.

Im Folgenden werden Beispiele für Untersuchungen innerhalb eines postulierten Naturraumes vorgestellt, die unserer Ansicht nach für den Mont Lassois besonders geeignet sind, weil sie aufgrund der Datenverfügbarkeit und der bekannten naturräumlichen Gegebenheiten am erfolgversprechendsten sind.

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5. Naturraum und Nutzungsszenarien

5.1 Lebensgrundlage Böden

Ackerböden bilden die Grundlage zur Nahrungsmittelproduktion und sind daher für landschaftsarchäologische Analysen besonders wichtig. Einerseits um den Mont Lassois in seinem naturräumlichem Umfeld besser zu verstehen, andererseits um eine Vergleichsbasis zu anderen Zentralorten zu schaffen. Eine Rekonstruktion der landwirtschaftlichen Nutzung um den Mont Lassois steht bislang aus.

Die Qualität und Quantität von Ackerböden, sowie das Klima und die Höhenlage, bestimmen massgeblich den Ertrag von Ernten. Besonders deutlich zeigen dies Berechnungen zu den Ernteerträgen für die Zentralorte Ipf, Walheim (Glauberg), Heuneburg und Hochdorf (Hohenasperg), die im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms 1171 durchgeführt wurden. Aufgrund der unterschiedlichen naturräumlichen Vorraussetzungen zeigen sich evidente Differenzen bezüglich der maximal möglichen Nahrungsmittelproduktion. So sind Walheim (Glauberg) und Hochdorf (Hohenasperg) gegenüber Ipf und Heuneburg eindeutig besser situiert. Im Falle der Heuneburg haben die ackerbaulich ungünstigen Auenböden denn auch nachweislich zur Intensivierung der Viehzucht geführt (Fischer et al. 2010). An diesem Beispiel wird der Zusammenhang zwischen naturräumlichen Vorraussetzungen und Nutzungsstrategien besonders deutlich.

Hervorzuheben sind nun die Lagen der vier Fürstenzitze in den verschiedenen Naturräumen. Die Plätze Hochdorf und Walheim befinden sich in der naturräumlichen Einheit „Neckarbecken“, das durch grossflächig anstehende Löss- und Lösslehmböden, sowie durch mild-trockenes Klima ausgezeichnet ist (Fischer et al. 2010, 197). Damit liegen sie in einer ausgesprochenen Gunstlage für Ackerbau. Hingegen ist die Umgebung der Heuneburg in der naturräumlichen Einheit „Donau-Ablach-Platte“ gelegen, wo ausserhalb des Donautalbodens Altmoräne mit tiefgründig entkalkten, teilweise pseudovergleyten Böden ansteht, die für ackerbauliche Nutzung nur bedingt geeignet sind (Fischer et al. 2010, 197).

Interessant ist die Lage des Ipfs bezüglich der Naturräume. Dieser liegt gerade im Schnittpunkt von drei verschiedenen Einheiten. Im Norden befindet sich das östliche Albvorland mit vorwiegend tonigen Böden des Braunen Jura. Im Süden schliesst das Härtsfeld als Teil der östlichen Kuppenalb mit sauren Feuersteinlehm-Böden an, und ganz im Osten liegt das Ries mit lehmigen Böden. Diese letzteren sind – im Gegensatz zu den anderen naturräumlichen Einheiten – ackerbaulich sehr gut nutzbar. Insgesamt gesehen sind die Ertragsberechnungen für den Ipf aber schlecht ausgefallen (Fischer et al. 2010, 197).

Der Zusammenhang der Ernteertragsberechnungen mit den Naturräumen erstaunt nicht, bilden doch Naturräume abgegrenzte Einheiten mit ähnlichem Klima und ähnlichen Vorraussetzungen für Bodenbildung und Vegetation.

Das Potential der Analyse archäologischer Daten in Zusammenhang mit Naturräumen wird also da offensichtlich, wo es um die landschaftsarchäologisch relevante Frage der Nutzungs- und Versorgungsstrategien geht. Die enge Verbindung von Naturräumen und Strategien zur Nahrungsmittelversorgung könnte letztendlich auch ein wichtiges Kriterium territorialer Abgrenzungen liefern. Auffällige Lagen wie im Falle des Ipfs, der im Bereich dreier unterschiedlicher Naturräume liegt, müssen dabei auf ihre „Sonderstellung“ hin genauer untersucht werden. Die Berücksichtigung von Naturräumen wären jedenfalls der Eingrenzung durch Radien oder Quadraten vorzuziehen, wie bereits erwähnt.

Eine Berechnung der Ernteerträge für den Mont Lassois mit seinen sehr günstigen Böden im Umfeld würde ziemlich sicher hoch ausfallen (Abb. 5) und gerade die Speicherbauten auf dem Plateau, wenn es denn solche sind, würden die wichtige Stellung des landwirtschaftlichen Faktors bestätigen (Vgl. Abb.3).

Abb. 5: Bodenkarte (Chrétien 2000)

Es muss allerdings angemerkt werden, dass bei der Beurteilung der Bodenqualität nicht vorbehaltlos von der heutigen Situation ausgegangen werden kann (vgl. Gerlach 2004). Kritisch muss man auch Modellberechnungen gegenüberstehen, die das natürliche Gelände nicht mitberücksichtigen, wie dies bei den Ernteertragberechungen der Fall ist. Die Wahl eines Radius von 6 km (Fischer et al. 2010, 197) zur Eingrenzung des Testgebietes wird den natürliche Gegebenheiten nicht gerecht.
Der Wirklichkeit näher stehen dagegen GIS basierte Modellierungen. Durch die Kombination des geologischen Faktors „günstige Böden“ mit den topographischen Gegebenheiten mittels eines Land-Use-Model ergeben sich die innerhalb eines gewissen Zeitraums erreichbaren Ackerflächen. Dabei müssen im Falle des Mont Lassois die Seine und die durch sie versumpften Areale von der potenziellen Fläche abgezogen werden. Dies führt vielleicht zu einer Vergrösserung der Distanz zu den Ackerflächen, da innerhalb einer optimalen Gehdistanz zu wenig Ackerfläche zur Verfügung stand. Die Anwendung solcher GIS Modelle würde einen Vergleich des landwirtschaftlichen Potenzials zwischen Zentralorten aussagekräftiger machen, denn gerade unter Berücksichtigung des Geländes zeigt sich, dass der in einer weiten Ebene gelegene Mont Lassois für die Landwirtschaft äusserst günstig situiert ist.

5.2 Wirtschaftsfaktor Eisen

Der für die Eisenzeit namengebende neue Rohstoff Eisen brachte umwälzende Veränderungen in nahezu allen Lebensbereichen mit sich. Der Vorteil von Eisen gegenüber Bronze ist die höhere Härte und die Zähigkeit. Die Verbesserung von Geräten für eine effizientere Nutzung der Umwelt, sowie technologische Fortschritte in den Bereichen Handwerk, Verkehr und häuslichem Leben wurden möglich. Neue Spezialisierungen auf die Herstellung und Weiterverarbeitung des Rohstoffes ergaben Veränderungen im Sozialgefüge, und waffentechnische Verbesserungen erlaubten eine veränderte Kriegsführung. Nicht zuletzt brachte das Eisen ein neues Wertesystem mit sich, fand Aufnahme in den Bestattungskult und damit in das Ritualverhalten der Eisenzeit.

Die reichen Eisenerzlagerstätten des Burgunds wurden schon in prähistorischer Zeit genutzt und noch heute ist die Eisenindustrie der wichtigste Wirtschaftszweig der Region geblieben, auch wenn das Eisen nicht mehr lokal abgebaut wird. Nachweise für Eisengewinnung liegen aber erst aus römischer Zeit und für das Mittelalter vor. Dennoch zeugen bereits vereinzelte Funde auf dem Mont Lassois und bekannte Siedlungen wie Bibracte und Alésia mit ihren Verhüttungsöfen und Schmiedewerkstätten von der Nutzung dieses Rohstoffes in der Eisenzeit, wobei eine Gewinnung des anstehenden Eisens angenommen wird (zusammenfassend nach: Courel 2002).

Die Problematik der Nachweisbarkeit des frühen Abbaus liegt zum einen darin, dass sekundäre Residuallagerstätten von Eisenerzen reichlich an der Oberfläche vorhanden sind, so dass ein einfaches Einsammeln – wovon aufgrund der fehlenden Nachweis gerne ausgegangen wird – oder aber ein Abbau nahe der Oberfläche für die Gewinnung ausreichte, was kaum Spuren hinterlässt. Hinzu kommt das Problem der Datierung des Abbaus ohne jegliche Funde. Der fehlende Nachweis könnte allerdings auch forschungsgeschichtlich bedingt sein, da im Umfeld von Siedlungen mit Metallverarbeitung der frühen Eisenzeit bislang nur selten Prospektionen erfolgt sind (Mangin 1992, 332).

Für den Mont Lassois sind derzeit kaum Aussagen zu Umfang und Bedeutung der Metallproduktion möglich, da keine konkreten Befunde zu Verhüttung oder Schmiedetätigkeit vorliegen, wie sie vergleichsweise für die Siedlung Bragny-sur-Saône erbracht werden konnten (Flouest 1992, 156). Einige Funde wie Schlacken, Eisengegenstände und pyramidenförmige Barren (Joffroy 1960, 99-102, Taf. 33, 20, 17) deuten allerdings auf Verhüttungs- und Schmiedeprozesse vor Ort hin.

Aus den jüngsten Grabungen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Zürich auf dem Mont Lassois stammen vier weitere Fragmente von vermuteten Spitzbarren sowie Schlackenfunde. Auch wurden Strukturen entdeckt, die auf pyrotechnische Aktivitäten schliessen lassen (unpublizierte Grabungsdokumentationen). Um diesbezüglich mehr Ergebnisse zu gewinnen, müssten systematische Prospektionen auf und in näherer Umgebung des Mont Lassois erfolgen. Die prähistorische Nutzung der lediglich 10 km entfernten Erzlagerstätten (Abb. 6) ist nahe liegend.

 

Abb. 6: Eisenlagerstätten (Courel 2002)

In diesem Zusammenhang ist auch an kleinere, abhängige Siedlungen zu denken, die sich im Bereich der Eisenerzvorkommen auf die primäre Metallproduktion (Verhüttung, evtl. Herstellung von Barren) spezialisiert haben. Ein Vergleichsbeispiel findet sich im Nordschwarzwald, im Bereich des grössten schwarzwälder Eisenerzreviers, das ähnlich wie im Burgund im 18./19. Jh. zum Aufblühen einer Eisenindustrie führte, bis die Brauneisenstein-Vorkommen nicht mehr rentabel gewonnen werden konnten. Dort wurden in der Umgebung  der frühlatènezeitlichen Höhensiedlung in Neuenbürg durch geophysikalische Prospektionen und Geländebegehung mehrere Verhüttungsplätze der Späthallstatt- und frühen Latènezeit ausfindig gemacht, deren Produktion für einen überregionalen Markt bestimmt gewesen sein könnte (Gassmann et al. 2006).

Das Potential „Naturräume“ zeigt sich an diesem Beispiel besonders schön. Denn Neuenbürg liegt in dem landwirtschaftlich unergiebigen Buntsandsteingebirge des Schwarzwaldes (Gassmann et al. 2006, 273). So ergibt sich bereits aus der Lage der Siedlung in einem Naturraum mit ungünstigen Böden eine von der Norm abweichende Funktion, die sich in diesem Fall durch die Spezialisierung auf die Eisenproduktion erklärt.

Eisenvorkommen sind nicht zwingend deckungsgleich mit Naturräumen, da sie aufgrund ihrer Entstehung und Lagerung anderen Gesetzmässigkeiten unterliegen. Rohstoffe und ihre räumliche Verteilung können aber wichtige, erweiterte „Nutzungsräume“ angeben, in denen sich Menschen bewegen und organisieren, um die Verfügbarkeit von Rohmaterialien sicherzustellen.

Eine Umfeldanalyse (engl. site catchment analysis), die die Verfügbarkeit der Ressourcen im Aktivitätsbereich einer Siedlung untersucht, wie hier exemplarisch für das Eisen und die Böden aufgezeigt wurde, müsste in einem weiteren Schritt auch Rohstoffe wie Salz, Zinn, Kupfer etc. miteinbeziehen, um ein ganzheitliches Bild für den Mont Lassois und sein Umland zu gewinnen.

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6. Naturraum und Siedlungsraum

Der Siedlungsraum lässt sich nicht losgelöst vom Naturraum betrachten. Naturraum, Nutzungsstrategien und Siedlungsstrukturen ergeben ein komplexes Gefüge und stehen in Relation zueinander. Das Zusammenspiel von Siedlungs- und Subsistenzverhalten des Menschen mit dem Naturraum wird da offensichtlich, wo sie sich decken und schlüssig ergänzen. Der Blick auf diachrone Siedlungsverlagerungen sowie synchrone Siedlungsmuster im Naturraum gibt Hinweise auf das Nutzungsverhalten des Menschen.

6.1 Aktuelle Situation und Forschungsstrategien

Die Erstellung eines Inventars der bereits bekannten archäologischen Fundstellen ist der erste Schritt bei der weiteren Erforschung des Siedlungsraumes im Umland des Mont Lassois. Nur wenn die bereits vorhandenen Daten zusammen inventarisiert sind, können sie als Arbeitsmittel benutzt werden. Diese Datenbank sollte alle Fundstellen von der Spätbronzezeit bis zur frühen Latènezeit beinhalten, um auch diachrone Fragestellungen mit einbeziehen zu können. Eine solche Datenbank wird zurzeit von P. Brun und seinem Team für das Burgund zusammengestellt, diese orientiert sich aber an den heutigen politischen Grenzen und nicht an den Naturräumen (mündliche Mitteilung von P. Brun 11.5.2011).

Wie bereits im Forschungsstand erwähnt, liegen für das Gebiet rund um den Mont Lassois nur sehr wenige Siedlungsfundstellen, aber sehr viele Grabbefunde vor. Deshalb sollte gezielt nach Siedlungen der Spätbronzezeit, Hallstattzeit und Latènezeit gesucht werden. Mögliche Methoden hierfür wären: Feldbegehung/Prospektion, Luftbildarchäologie und geophysikalische Prospektion. Da sich die Siedlungen der Hallstattzeit meist in nächster Nähe zu Grabhügeln befinden, sollten diese als Ausgangspunkt der Prospektion gewählt werden. Diesem Ansatz folgend wurde bereits erfolgreich im Gebiet der Heuneburg durch S. Kurz und seinem Team zahlreiche Siedlungsstellen neu entdeckt.

Für den Mont Lassois wäre eine ähnliche Vorgehensweise möglich, da in der Umgebung zahlreiche Grabhügel nachgewiesen sind. Rund um diese sollten in den nächsten Jahren Prospektionen gemacht werden, um die dazugehörigen Siedlungen zu finden. Durch das Inventar der bekannten Fundstellen, die genauere Untersuchung bekannter, aber noch nicht ausgegrabener und daher nicht sicher datierten Fundstellen, und die gezielte Suche nach weiteren Fundstellen, insbesondere Siedlungen rund um die bekannten Grabhügel, wird die Datenbasis für weiterführende Forschung geschaffen, die das Fürstensitz-Phänomen  gegebenenfalls auch aufgrund des diachronen Siedlungsmusters erklären könnte.

6.2 Fragestellungen und erste Ergebnisse

Interessante landschaftsarchäologische Fragen richten sich an die Siedlungsstruktur bzw. die Rekonstruktion von Siedlungsräumen und -hierarchie um den Mont Lassois. Die bereits dargelegte, forschungsgeschichtlich bedingte Knappheit von Siedlungen lässt aber derzeit kaum Aussagen zur Siedlungshierarchie zu. Die wenigen bekannten Siedlungen sind meist nur durch die Luftbildarchäologie nachgewiesen und noch nicht archäologisch untersucht.

 

Geht man aber von der Annahme aus, dass Grabhügel in der Nähe von Siedlungen errichtet wurden, könnte aufgrund der Grabhügelverteilung grob auf die Verteilung der Siedlungen geschlossen werden, d.h. auf mögliche Siedlungsräume. Die Verteilungsmuster der Grabbefunde zeigen schon jetzt gewisse Tendenzen und Cluster auf, die Fragen aufwerfen. Für eine weitere, genauere Untersuchung muss die Befundverteilung zuerst einer Quellenkritik unterzogen werden d.h.  zuerst sollte untersucht werden, ob sie rein forschungsgeschichtlich bedingt ist oder nicht. Die Fragen zur Siedlungshierarchie, werden zurzeit von P. Brun und seinem Team  untersucht (mündliche Mitteilung von P. Brun 11.5.2011).und werden daher nicht weiter ausgeführt.

Die wichtigen Befundcluster der Ha D2-D3 Stufe (rot), also in der Zeit, als das Fürstensitzphänomen am ausgeprägten war, verteilen sie sich wie folgt:

  • (1) Mont Lassois-Cluster mit bedeutenden Gräbern und einer Siedlung, die an einer verkehrsgünstigen, topographisch hervorgehobenen Lage liegt
  • (2) Cluster in der Quellregion der Seine
  • (3) Cluster in der Quellregion der Tille, Gebiet der Wasserscheide zwischen Tille und Ource
  • (4) Cluster in der Quellregion der Aube und Ajon
  • (5) bedeutende Nekropole an der Aube
  • (6) Cluster beim Zusammenfluss der Seine, Ource und Laigne

Daneben finden sich einige Cluster, die aus weniger zahlreichen und unbedeutenderen Nekropolen gebildet werden (orange). Eines befindet sich südlich des Mont Lassois in der flachen Ebene (7), zwei kleinere Cluster befinden sich entlang des Seinetals (8, 9) und sind wohl Ausläufer des grossen Clusters im Quellgebiet der Seine (2). Zwei sehr schwach fassbare Cluster befinden sich sehr weit weg vom Mont Lassois. Eines liegt an der Ignon (10), das Andere am Zusammenfluss von Oze, Brenne und Ozerain, dort wo später die latènezeitliche Siedlung Alésia entsteht (11).

Vergleicht man diese Siedlungs- und Grabcluster mit den Eisenerzverbreitung, so fällt auf, dass sich einige Cluster in nächster Nähe zu Eisenerzlagerstätten befinden. Das Cluster südlich des Mont Lassois (7) liegt sozusagen direkt über den Eisenerzvorkommen, wie auch das schwach ausgeprägte Cluster an der Ignon (10). Das Cluster südlich des Mont Lassois (7) scheint neben dem Abbau von Eisenerz auch noch prädestiniert für Landwirtschaft, da es sich auf fruchtbaren Böden befindet. Etwas weiter weg vom Erz liegt das Cluster an der Aube (5), das aber direkt am Fluss eine verkehrsgünstigere Lage aufweist, als wenn es nordöstlicher direkt über dem Gebiet der Eisenerzlagerstätte läge. Interessanterweise findet sich östlich der Tille ebenfalls Eisenerzvorkommen, aber kein Befundcluster. Erst in der frühen Latènezeit findet sich ein Hinweis auf menschliche Präsenz in Form einer Nekropole in Courcellles-en Montagne.

Die Cluster befinden sich also ausnahmslos an verkehrsgünstigen Lagen an Flüssen oder in Tälern. Oft liegen sie auch an den Quellen, wo mit wenig Aufwand der nicht sehr hohe Hügelzug überquert und das nächste Tal erreicht werden kann. Daneben finden sich einige in der Nähe von Eisenerzvorkommen und/oder für die Landwirtschaft günstigen Böden. Doch nicht bei jedem Cluster treten alle Faktoren auf, was eventuell zu einer Spezialisierung auf die Landwirtschaft oder den Eisenerzabbau und dessen Verarbeitung führte. Die Lage solcher Siedlungen in abweichenden bzw. ergänzenden Naturräumen zu der Lage des Zentralortes könnte spezielle Funktionen allenfalls bestätigen. Wie fand der Austausch zwischen den Produzenten statt? Auf dem Mont Lassois finden sich mit den möglichen grossen Speicherbauten und den Eisenbarren und Schlacken Hinweise auf beide Tätigkeiten. War der Mont Lassois vielleicht Drehscheibe innerhalb des regionalen Nahrungsmittelproduktions- und Eisenverarbeitungssystems?
 

Abb. 7: Topographische Karte des Plateau de Langres-Châtillonais (Cartes-topographiques.fr 2011) mit eingezeichneten Befunden und Eisenerzlagerstätten

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7. Ausblick

Zur Festlegung eines Rahmens für landschaftsarchäologische Untersuchungen im Umland des Mont Lassois müssen zunächst die Naturräume in der Region bestimmt werden. Das heisst, es müssen geologische und topografische Daten mittels GIS kombiniert werden. Dazu müssen georeferenzierte geologische Karten beschafft und mit einem hochauflösenden Geländemodell überlagert werden. Die daraus resultierende naturräumliche Gliederung dient als Grundlage für weitere Analysen. Die Erstellung eines Land-Use-Models erscheint besonders viel versprechend. Dieses Modell zeigt die Erreichbarkeit von Ackerland innerhalb einer Stunde, liefert die Wegkosten zu den nächstliegenden Rohstoffvorkommen und zeigt, ob die Rohstoffquellen im selben Naturraum liegen wie die Siedlung auf dem Mont Lassois. Um die Ergebnisse des Modells zu präzisieren, müssen geologische Untersuchungen rund um den Mont Lassois in die Berechnung des Models mit einfliessen, so können z.B. ehemalige Sumpfgebiete oder der damalige Lauf der Seine berücksichtigt werden.

Das Potential der Betrachtung landschaftsarchäologischer Fragestellungen mit Einbezug der Naturräume hat sich auf verschiedenen Ebenen gezeigt. Naturräume bilden der Wirklichkeit realitätsnähere Grenzen, denn sie berücksichtigen natürliche Faktoren. Naturräume bilden die Basis für gleiche oder ähnliche Vorraussetzungen zur Subsistenzwirtschaft, und das Zusammenspiel von menschlichen Verhaltensweisen und Naturraum kann da, wo sie sich decken oder schlüssig ergänzen, auf die Nutzungsstrategien des Menschen hin interpretiert werden. Diese Interpretation ist freilich vielschichtig und in diesem Beitrag stark auf die ökonomischen Aspekte konzentriert, was aber nicht zwingend der Fall sein muss. Die Ergebnisse solcher landschaftsarchäologischer

Untersuchungen lassen Vergleiche auf regionaler Ebene (Siedlungen im selben oder angrenzenden Naturraum) und überregionaler Ebene (andere „Fürstensitze“) zu.

Die Interpretation dieser Vergleiche kann zu einer neuen Hierarchisierung der Fürstensitze führen, die – anders als die Kimmigsche Definition – nicht die Kriterien eines Fürstensitzes als massgebend für die Stellung aller anderen in einer Hierarchie vorgibt. Vielmehr lässt eine landschaftsbezogene Herangehensweise einen Vergleich verschiedener Siedlungen zu, der nicht durch Definitionen und Begriffe vorbelastet sein muss. So muss die Diskussion um die zweifelsohne regional, vielleicht auch überregional bedeutenden Siedlungen nicht in der „Fürstensitz oder nicht?“ Sackgasse enden. Nutzungs- und

Siedlungsszenarien können nicht losgelöst von einem natürlichen Umfeld gedacht werden. Die Absicht dieses Beitrages liegt im Verständnis dafür, dass dieses Umfeld durch den „Naturraum“ gewinnbringend für landschaftsarchäologische Fragestellungen definiert und abgegrenzt werden kann.

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