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Institut für Archäologie für Studieninteressierte

Anthrakologin (Holzkohlespezialistin)

Interview mit Monika Isler

Du bist selbständige Anthrakologin, was beinhaltet diese Tätigkeit?

Einfach gesagt untersuche ich Holzkohlen.

Der Ablauf sieht in etwa wie folgt aus: Sedimentproben von einer Ausgrabung kommen zu mir. Ich trenne anschliessend die Holzkohlen möglichst vorsichtig vom Sediment. Dies teilweise von Hand, also nur mit Pinzette, es kann aber auch das sogenannte Floating - eine Art feines Schlämmen - oder eine Kombination von beidem angewendet werden. Das übliche Schlämmen mit Sieben, wie es meistens in der Archäologie gemacht wird, ist nicht zu empfehlen, da die Holzkohlen sehr fragil sind und dabei stark verkleinert werden. Siebe nutze ich deshalb auch nur um die Grösse der Stücke zu überprüfen und dies unter grosser Sorgfalt. Die Stücke werden anschliessend einzeln vermessen und unter dem Mikroskop untersucht. Die Ergebnisse (bspw. Jahrringzuwachs, Holzart, Pilzzustand) trage ich in eine Datenbank ein. Die Ergebnisse werte ich unter Berücksichtigung des Fundortes aus. So können Fragen zur Waldwirtschaft (z.B. Wurde das Holz im Vorhinein geschlagen und gelagert?), Umweltgeschichte (z.B. Wann gab es Rodungen, an denen sich der Wald nicht mehr so schnell erholte?) aber auch zu menschlichen Tätigkeiten (z.B. Gab es bestimmte Holzarten die gemieden oder gefördert wurden?) beantwortet werden.

Heutzutage nehmen wir den Wald meistens als „schon immer da“ und eher als Erholungsgebiet wahr. Der Wald ist und war jedoch schon immer viel mehr: Energieträger, Wasserspeicher, Nahrungslieferant sind einige Beispiele. Zudem erholt sich unser heutiger Waldbestand noch immer. Holzkohlen können dabei helfen, die Nutzung und Entwicklung zu verstehen.

Was hast du studiert und wann hast du abgeschlossen?

In habe im Bachelor Prähistorische Archäologie, Physik und Klassische Archäologie studiert. Meinen Master habe ich 2021 in Prähistorischer Archäologie und Klassischer Archäologie abgeschlossen.

Warum hast du dich für dieses Studium entschieden?

Mich hat schon immer interessiert, wie Menschen gelebt und sich entwickelt haben. Dies weniger über den Zugang der Geschichte und Politik, sondern mehr über das alltägliche Leben und die materiellen Hinterlassenschaften. Erst hatte ich den Mut nicht, direkt Archäologie zu studieren, und habe eine kaufmännische Ausbildung absolviert.

Was hast du während des Studiums getan?

Ich habe 50% in einem Büro gearbeitet. Dies machte es etwas schwierig, weitere Tätigkeiten in der Archäologie zu finden. Trotzdem konnte ich neben den Lehrgrabungen auch Praktika absolvieren. Zum Beispiel an der ETH im C-14 Labor, in der Kantonsarchäologie Zürich sowie im Labor für Dendroarchäologie der Stadt Zürich. Diese Tätigkeiten führten teilweise wiederum zu anderen Projekten.

Was hast du danach gemacht?

Während meines Masters war ich bei der Seeufersiedlung in Immensee (Schwyz) als Holzspezialistin tätig. Zudem durfte ich mich an der Umsetzung des Archäomobils Ostschweiz beteiligen. Nun habe ich erste eigene Aufträge - auch in der Anthrakologie. Nebenbei arbeite ich als Vermittlerin beim Archäomobil Ostschweiz und in der Buchhaltung.

Was gefällt dir an deiner Arbeit?

Die Anthrakologie ist eine recht junge Wissenschaft und wird in der Schweiz noch kaum gefördert. Ich finde es spannend, einen Versuch zu starten und dies anzugehen. Zudem gibt es noch einen praktischen Ansatz: Nach 17 Jahre Anstellung, gefällt es mir, dass ich selbstständig bin und meine Zeit, wie im Studium, selbstständig einteilen kann.

Das Wichtigste, was du aus deinem Studium mitgenommen hast?

Ich habe  mehr von der Methodik als vom Inhaltlichen mitgenommen. Da ist sicherlich die Herangehensweise ans wissenschaftliche Arbeiten, die ich intensiv gelernt habe. Aber ich konnte mir auch eine reflektierende Denkweise aneignen. Und besonders, dass unser eigener Hintergrund und "Modeströmungen" die Forschung und somit die Quellenkritik beeinflussen.

Was würdest du StudienanfängerInnen gerne mit auf den Weg geben?

Nutzt die Zeit der unbegrenzten Möglichkeiten aus.

Mit welchen Mitteln informierst du dich im Bereich Archäologie (Schweiz)?

Ich bin viel auf Academia und Researchgate unterwegs, um aktuelle Journals zum Thema Anthrakologie – Holzkohleuntersuchungen zu lesen. Für die Schweiz sind Archäologie Schweiz (AS), der Zürcher Zirkel für Ur- und Frühgeschichte, die ExperimentA und die Arbeitsgemeinschaft für die Urgeschichtsforschung in der Schweiz (AGUS) sehr hilfreich.

Was macht das Studium in Zürich speziell?

Für die Universität Zürich sprach für mich vor allem die Vielfältigkeit der Nebenfächer. Auch die Möglichkeit mit dem Studium generelle Kurse in fremden Studiengängen zu absolvieren, fand ich sehr interessant. In der Prähistorischen Archäologie fand ich die sozialarchäologische Herangehensweise sehr spannend. Zudem konnte ich meine eigenen Interessen während meiner Bachelor- und Masterarbeit verfolgen und wurde dabei tatkräftig unterstützt, obwohl die Themen der Radiokarbondatierung und Anthrakologie nicht allzu gängig sind.